Zukunftsforst:
Organisationsstruktur für den Bayer. Staatswald im nächsten Jahrzehnt
Aktuelle Herausforderungen für die BaySF |
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Die aktuellen Rahmenbedingungen der Waldbewirtschaftung für die Bayerischen Staatsforsten AöR werden von verschiedenen Herausforderungen geprägt:
In diesem Spannungsfeld muss sich die staatliche Waldbewirtschaftung neu ordnen. Der BDF Bayern als größte forstliche Berufsorganisation im Land ist gerne bereit, seine Erfahrung in die Diskussion einzubringen. Denn es gibt bewährte Strukturen, die sich als flexibel und effektiv sowohl in Normal- wie in Krisensituationen bewährt haben. Es gibt aber auch Entwicklungen, die mehr Wissen verlangen als in den Strukturen, die sich vorwiegend mit forstlichen Kernaufgaben beschäftigen, derzeit vorhanden ist. |
Zielvorgaben anpassen |
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Nach dem Staatsforstengesetz dient der Staatswald dem allgemeinen Wohl in besonderem Maße und ist daher gemäß Art. 18 des BayWaldG vorbildlich zu bewirtschaften. Dabei sind in besonderem Maße die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Wasserwirtschaft zu berücksichtigen. Gleichzeitig werden durch den Eigentümer Freistaat Bayern vor allem finanzielle Vorgaben gemacht, die eine Umsetzung der genannten Ziele im notwendigen Umfang nicht ermöglichen. Mit Ausrufung des Staatswaldes zum „Klimawald“ verschieben sich die Schwerpunkte immer weiter weg von der Ökonomie, was durch den dramatischen Holzpreisverfall noch beschleunigt wird. Bevor über einen Zukunftsforstbetrieb sinnvoll diskutiert werden kann, müssen zunächst die Zielvorgaben angepasst und die entsprechenden Ressourcen bereitgestellt werden. So hat Bayern z. B. schon heute die nach Flächen und nach Einschlag größten Reviere in Deutschland. |
Anmerkungen zum forstlichen Kerngeschäft |
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Volle Flächenverantwortung beibehalten |
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Für die Erfüllung der forstlichen Aufgaben ergeben sich unter Berücksichtigung dieser feststehenden Rahmenbedingungen aus Sicht des BDF Bayern folgende Schlussfolgerungen:
In anderen Bundesländern wird aufgrund der Erfahrungen aus der Klima- und Borkenkäferkrise die umfängliche Flächenverantwortung im Reviersystem wieder verstärkt propagiert. Funktionalisierungen im forstlichen Kerngeschäft werden hingegen zurückgenommen. |
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Öffentlichkeitsarbeit ausbauen |
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Die Bevölkerung hat sehr divergierende Anforderungen an die Wälder, speziell an die Staatswälder. Eine große Mehrheit sieht keine Notwendigkeit, mit Forstwirtschaft im öffentlichen Wald Geld zu verdienen, das dann zudem noch anderen Zwecken als dem Wald zugeführt wird. Auch fehlt vielen Menschen in hohem Maß das Verständnis, dass unsere Wälder in ihrer jetzigen Form durch den Menschen geschaffen wurden und permanent weiterentwickelt werden. (???) Darüber hinaus werden die Anforderungen an den Wald immer umfangreicher und zunehmend von Einzelinteressen geprägt. Diese Tatsachen zwingen dazu, forstliche Tätigkeiten in allen Bereichen und über verschiedene Kanäle (??) zu erklären. Denn nur was verstanden wird, wird auch akzeptiert.
Um diese Botschaften in die Bevölkerung effektiv und glaubhaft zu transportieren, müssen v. a. in Bayern die Reviere wieder mit einem Gesicht verbunden werden können. In den Bayerischen Staatsforsten gibt es im Gegensatz zu vielen anderen öffentlichen Forstorganisationen in Deutschland und auch im Vergleich mit der Bayerischen Forstverwaltung keine Möglichkeit für die Bürger, mit den Forstleuten vor Ort unkompliziert in Kontakt zu treten. Dies erscheint dem BDF als großes Manko, denn Öffentlichkeitsarbeit (ÖA) funktioniert nur, wenn sie authentisch und personifiziert erlebt werden kann und zwar auf allen Kanälen. Die Forstbetriebe haben hierfür eine deutlich zu große Flächenausdehnung. Die Öffentlichkeit will für ihre Bedürfnisse und Fragen einen lokalen Ansprechpartner, sie will „ein Gesicht sehen“, entweder „face to face“, in der Presse oder auch in den sozialen Netzwerken.
Die Forstleute erleben in ihrer täglichen Arbeit, dass die Bevölkerung sehr interessiert an Informationen über „ihren“ Wald ist. Für die notwendige Aufklärung fehlt aber das Personal. |
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Spezialwissen bündeln |
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Jenseits des forstlichen Kerngeschäftes und der dringend gebotenen Informationsoffensive gibt es jedoch alte und neue forstliche Aufgaben, die Spezialwissen erfordern und für deren Bewältigung über angepasste Organisationsstrukturen nachgedacht werden muss. Für diese Bereiche ergibt sich die konkrete Fragestellung, welche Aufgaben am effizientesten in der lokalen Forstorganisation erledigt werden können oder ob regionale oder sogar zentrale Strukturen besser geeignet sind.
Aus Sicht des BDF hat sich die „Frei Werk Lieferung“ grundsätzlich bewährt. Allerdings offenbaren sich in der aktuellen Borkenkäfersituation und der andauernden Holzmarktkrise auch organisatorische Schwächen, weil Holzproduktion und Holztransport zwei voneinander unabhängige Prozesse sind, die bei der Borkenkäferbekämpfung nicht bestmöglich ineinandergreifen. Hier sollte über regionale Strukturen nachgedacht werden, die beide Prozesse z. B. in den Kundenbetreuerbüros in einem Prozess vereinen.
Naturschutzfachliche Aufgaben im Wald erlangen eine immer größere Bedeutung. Die Betreuung und fachliche Begleitung der Wälder in Biosphären- und Naturwaldreservaten, in Naturwäldern, FFH-, SPA- Gebieten und weiteren Naturschutzgebieten sowie in forstlichen Trittsteinen und Klasse 1- Wäldern erfordern detailliertes Wissen. Zwar sind Forstleute in Naturschutzfragen sehr gut ausgebildet und haben lange Erfahrungen im Waldnaturschutz, jedoch muss das notwendige vertiefte Wissen beigesteuert werden. Aus Sicht des BDF ist das vorhandene System von regional tätigen Naturschutzfachleuten zu verstärken, die einerseits beratend für die lokale Forstorganisation zur Verfügung stehen, aber auch Leitlinien für die Betreuung größerer unter Prozessschutz stehender Wälder erarbeiten.
Die Kenntnis über geeignete Flächen ist häufig nur lokal beim Forstrevier/dem Forstbetrieb vorhanden. Die weitere Umsetzung wie z.B. die Berechnung von Ökopunkten, die Verhandlungen mit den Genehmigungspartnern und Interessenten sind allerdings derart komplex, dass hier Spezialistenwissen notwendig ist. Nach Auffassung des BDF ist hier eine regionale oder sogar zentrale Organisation am zielführendsten, der die lokale Einheit zuarbeitet. |
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Zu hohe Arbeitsbelastung |
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Die Arbeitsbelastung im Bayerischen Staatsforst ist in allen Bereichen hoch. Bestätigt wird diese Tatsache u.a. durch einen Untersuchungsbericht über die Arbeitsbelastung und die Arbeitsprozesse an den Forstbetrieben.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Personalkennzahlen in der gewählten Berechnungsart nur einen Überblick über die Verteilung des vorhandenen Arbeitsvolumens auf die einzelnen Personen oder Organisationseinheiten geben. Sie können keine Aussage darüber treffen, ob das Arbeitsvolumen in der gesetzlichen oder tariflichen Arbeitszeit und in der waldgesetzlich geforderten vorbildlichen Qualität auch erfüllt werden kann.
Im Verhältnis Zentralstrukturen zu dezentralen Strukturen ergibt sich v. a. aufgrund der sehr unterschiedlichen örtlichen Verhältnisse sowie der großen Flächenausdehnung die Notwendigkeit, das Subsidiaritätsprinzip vollumfänglich und konsequent anzuwenden. Was vor Ort entschieden werden kann, muss auch vor Ort entschieden werden dürfen. Sowohl in finanzieller Hinsicht wie bei der Erfüllung der naturalen Größen muss vor Ort verantwortet werden können, welche Prioritäten zu setzen sind. Bei zu dominanter zentraler Steuerung besteht die Gefahr, dass z. B. waldbauliche oder naturschutzfachliche Vorgaben nicht oder nur mangelhaft umgesetzt werden können, weil die Finanzausstattung nicht ausreichend ist. Hier sind klare und ausreichende Kompetenzen für die Einheiten vor Ort notwendig. Bei widersprüchlichen Zielvorgaben oder zu geringen Finanz- oder Personalressourcen müssen regionale Prioritäten möglich sein. |
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Fazit |
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Wenn nach fünfzehn Jahren ein großer Forstbetrieb über seine Strukturen nachdenkt, ist das aus Sicht des BDF Bayern ein notwendiger und sinnvoller Vorgang. Die Probleme auf dem Holzmarkt, die eine geregelte und rentierliche Forstwirtschaft in Mitteleuropa derzeit unmöglich machen, dürfen aber nicht der Maßstab für mögliche strukturellen Veränderungen sein!
Wenn sich der Klimawandel weiter beschleunigt, wenn meteorologische und biologische Gefährdungen für unsere bayerischen Wälder weiter rasch zunehmen - wie viele Wissenschaftler in ihren Prognosen vorhersagen - dann könnten sich in kurzer Zeit ganz neue Fragen stellen. Schon jetzt rückt in manchen Regionen der Walderhalt in den Fokus, völlig unabhängig von der Besitzstruktur. Walderhalt ist dann die zentrale Aufgabe, die unabdingbar notwendig ist für den Erhalt weiterer menschlicher Lebensgrundlagen. Spätestens dann müssen Entscheidungen getroffen werden, die weit über die aktuelle Strukturanpassungsdiskussion in den Bayerischen Staatsforsten hinausgehen. Vor allen Diskussionen muss allerdings eine Anpassung der Zielsetzung für den Bayerischen Staatswald stehen. Gesellschaftliche Anforderungen, die Ausrufung zu Klimawald und die finanziellen Vorgaben klaffen immer weiter auseinander. Deshalb muss der Souverän über den bayerischen Staatswald, d.h. der Landtag im Zusammenwirken mit dem Ministerrat, klar definieren, welche Aufgaben den Bayerischen Staatsforsten über das im Jahr 2005 definierte Aufgabenvolumen hinaus übertragen werden sollen. Denn in den vergangenen 15 Jahren haben im und um den Wald so tiefgreifende Änderungen stattgefunden, dass auch in dieser Hinsicht eine Neuausrichtung erforderlich ist, die vor einer Strukturdiskussion zwingend definiert werden muss. |