BDF-Bayern zieht Bilanz nach 20 Jahren Forstreform

Wesentlich geänderten Rahmenbedingungen muss Rechnung getragen werden!

Vor 20 Jahren, genauer am 01.07.2005 wurde die politisch beschlossene Forstreform vollzogen:

Unter anderem wurde die zum damaligen Zeitpunkt 253-jährige Staatsforstverwaltung in das Unternehmen „Bayerische Staatsforsten A.ö.R.  (BaySF)“ sowie in die „Bayerische Forstverwaltung“ aufgeteilt.

Doch seit 2005 haben sich essenzielle Rahmenbedingungen fundamental geändert. Darauf muss heute politisch reagiert werden.

250 Jahre Bayerische Staatsforstverwaltung

📷  Jubiläumsschrift zu 250 Jahre Bayerische Forstverwaltung: Band 27 der Hefte zur Bayerischen Geschichte 

Ausgangslage

Im Jahr 2003 bescheinigte der damalige Forstminister Josef Miller, dass „unser Wald noch nie seit Beginn einer geregelten Forstwirtschaft in einem so guten Zustand [war] wie heute.“ Allerdings sei „unsere naturnahe Forstwirtschaft und unser hoher Anspruch an die Qualität des Waldes … mit unserer Verwaltungsstruktur nicht mehr finanzierbar.“

Mitten in der Umsetzung der bereits seit 1995 laufenden Strukturreform der Bayerischen Staatsforstverwaltung wurde eine viel tiefgreifendere Reform durchgesetzt, deren Ausgangspunkte die Krise im Staatshaushalt sowie der Verfall der Holzpreise durch Windwürfe und Trockenheit waren. Die Folge davon war eine starke – manche Kritiker sprechen von einer ausschließlichen – Fokussierung auf die Ökonomie.

Keine andere Staatsverwaltung wurde im Zuge der Bayerischen Verwaltungsreform so massiv verändert: Die bisherige Bayerische Staatsforstverwaltung wurde aufgelöst und zwei völlig neue Organisationen geschaffen: das Unternehmen „Bayerische Staatsforsten“ und die „Bayerische Forstverwaltung“. Die Folge für die Beschäftigten der seinerzeitigen Bayerischen Staatsforstverwaltung: Fast alle Dienstposten wurden neu definiert und die Mitarbeitenden mussten/konnten sich für die neuen Stellen bei einer der beiden Organisationen neu bewerben.

Allgemeine Entwicklung und Beteiligung des BDF

Die Herausforderungen waren gewaltig: Die komplette Auflösung der Forstämter und Forstdirektionen, die Änderung und Neukonzeption der Fachgesetze sowie zusätzlich des allgemeinen Dienstrechts, die Definition und der Erhalt von beruflichen Standards, die Neugliederung der forstlichen Hochschulausbildung, die Zukunft der jungen Förster oder die Erschließung neuer Berufsfelder. Dabei versuchte der BDF-Bayern mit einer historischen Kraftanstrengung die „Forstrevolution“ in möglichst sinnvolle Bahnen zu lenken. Alle Stellen im öffentlichen Forstbereich wurden ausgeschrieben und – in Anhalt an die mit der Personalvertretung hart ausgehandelten Dienstvereinbarungen – neu besetzt.

250 Jahre Bayerische Staatsforstverwaltung

📷  BDF-aktuell © BDF

Entwicklung in den Bayerischen Staatsforsten

Lag der Holzeinschlag im Staatswald vor der Reform zwischen 3,4 und 3,7 Millionen Festmetern pro Jahr, in Katastrophenjahren auch über 4 Millionen Festmeter, stieg er in der Unternehmenszeit auf durchschnittlich fast 5 Millionen Festmeter jährlich, bei gleichzeitig zunehmenden Schadereignissen. Die Durchschnittserlöse pro Festmeter stiegen von ca. 45 Euro im Jahr 2003 auf über 90 Euro heute, wobei allerdings die Holzerntekosten ebenfalls deutlich gestiegen sind.

Um die Abhängigkeit vom Holzmarkt zu verringern, sollte das Unternehmen ein zweites, gleichberechtigtes Standbein erhalten: die neuen Geschäftsfelder. In Bayern konnten die neuen Geschäftsfelder aufgrund anderer Rahmenbedingungen bisher nicht im gleichen Umfang wie beispielsweise in Österreich entwickelt werden. Über 85 % der Einnahmen stammen weiterhin aus dem Holzverkauf, insbesondere aus Nadelholz, das zunehmend verschwindet.

250 Jahre Bayerische Staatsforstverwaltung

📷  Gründung der Bayerischen Staatsforsten: Die neuen Vorstände Freidhager, Neft und Tschacha mit ihrem Aufsichtsratvorsitzender Staatsminister Miller und Waldkönigin © BR

Eine geplante Privatisierung nach dem Vorbild der Österreichischen Bundesforsten konnte durch den massiven Einsatz des BDF und der Umweltverbände glücklicherweise verhindert werden. Gleiches gilt für einen noch weitergehenden Personalabbau. So wurden durch härteste Verhandlungen zumindest 370 der 568 Reviere erhalten. 

Entwicklung in der Bayerischen Forstverwaltung

Auch die Struktur und Aufgaben der Bayerischen Forstverwaltung mussten völlig neu konzipiert und umgesetzt werden. Alle ehemaligen Aufgaben der Bayer. Staatsforstverwaltung, die nicht direkt mit der Staatswaldbewirtschaftung zusammenhingen, mussten neu strukturiert und organisatorisch als „Bereich Forsten“ in die neu geschaffenen Ämter für Landwirtschaft und Forsten integriert werden.

Erhalten wurden Aufgaben wie die staatliche Beratung oder die Waldpädagogik, die Regionalstruktur (Revierprinzip), zahlreiche Sonderfunktionen mit Berufsperspektiven, lange Übergangszeiträume, ein Einstellungskorridor sowie „sozialverträgliche“ Lösungen für das betroffene Forstpersonal.

Durch die Abkoppelung von der Staatswaldbewirtschaftung ist es schwieriger geworden, forstfachliche und technische Entwicklungen mit eigener praktischer Erfahrung in die Beratungsarbeit einzubringen.

Aufgrund der Arbeitsbelastung leidet der regelmäßig fachliche Austausch zwischen Forstverwaltung und BaySF.

Mehrarbeit haben zudem nicht nur die Herausforderungen durch den Klimawandel, sondern auch verschärfte, insbesondere naturschutzrechtliche Vorschriften sowie die Trennung der Zuständigkeit bei öffentlichen Planungen im Staatswald nach sich gezogen. 

Wichtigste Rahmenbedingungen seit 2005 fundamental geändert

Der Klimawandel und der Waldumbau hatten bei den politischen Entscheidungen zur Forstreform 2005 keinerlei Rolle gespielt, obwohl Forstleute, Wissenschaftler und der seinerzeitige Landtagspräsident Alois Glück auf die zunehmende Bedeutung des Waldes „infolge der Klimaveränderungen in seiner landeskulturellen und ökologischen Funktion“ hingewiesen und vor negativen Folgen insbesondere für den Bergwald gewarnt hatten.

Heute zerstört der Klimawandel Wälder und Waldstrukturen in bisher unbekanntem Ausmaß, selbst Waldbrände werden wieder häufiger. Inzwischen geht es nicht nur in Nordbayern vor allem um den Erhalt von Wäldern oder sogar nur von waldähnlichen Strukturen, sondern auch um die Sicherung unserer Lebensgrundlagen.

250 Jahre Bayerische Staatsforstverwaltung

📷  Kahlflächen im Frankenwald (Luftaufnahme 2023) © Jens Haertel

Der bewirtschaftete Wald und das Holz leisten durch CO₂-Einsparung und -Speicherung einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz. Dieser Beitrag war bei der Forstreform 2005 ebenfalls kein Thema in der politischen Diskussion und wird noch immer massiv unterschätzt. Eine professionelle, mehr auf Kleinstandorte abgestimmte Waldbewirtschaftung ist wesentliche Voraussetzung für einen optimalen Klimaschutz. Mehr Forstleute auf der Fläche sind hierfür unerlässlich.

Die gesellschaftlichen Zielsetzungen haben sich massiv in Richtung Klimaschutz und mehr Arten- und Naturschutz verlagert. Zudem haben die rechtlichen Auflagen und Einschränkungen deutlich zugenommen. Statt der seinerzeit vorrangigen Steigerung der Gewinne muss gerade im Staatswald die vorbildliche und nachhaltige Erfüllung aller waldgesetzlichen Ziele einschließlich der Zufriedenheit der Mitarbeitenden, im Mittelpunkt stehen. Wirtschaftliches Handeln ist dabei selbstverständlich Teil der Vorbildlichkeit, darf aber nicht Selbstzweck sein, sondern muss der Zielerreichung dienen.

Der Strukturwandel der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer schreitet rasant voran. Das Wissen und die örtliche Nähe zum Wald nehmen ebenso ab wie die praktischen Fertigkeiten und Ausrüstungen für eine eigene Waldarbeit. Die Konsequenz: An 41 % aller Inventurpunkte der Bundeswaldinventur in Bayern erfolgten in den letzten zehn Jahren keine forstlichen Maßnahmen. Das Gegenteil, nämlich intensivere Waldpflege- und Waldumbauaktivitäten, wären zwingend erforderlich, um den Wald zu stabilisieren und ihn „fit für den Klimawandel“ zu machen.

Auswirkungen auf den bayerischen Staatswald

250 Jahre Bayerische Staatsforstverwaltung

📷  Auf dem Landtagsempfang „20 Jahre BaySF“ tauschte sich Landesvorsitzender Bernd Lauterbach mit Ilse Aigner, Präsidentin des Bayerischen Landtags @Joachim.Hamberger

Aufgrund der wesentlich geänderten Herausforderungen rückt der monetäre Ertrag zunehmend in den Hintergrund, dagegen nehmen hohe Investitionen sowie am Gemeinwohl orientierte Aufgaben zu. Ein Umdenken in der Politik und Änderungen der gesetzlichen Grundlagen sind dringend erforderlich. Die aktive Schaffung von Klimawäldern gemäß der Leitlinie „Schützen und Nutzen“ muss absolute Priorität vor einer Gewinnerzielung haben und im Staatsforstengesetz verankert werden. Die gesetzlich festgelegte vorbildliche Waldbewirtschaftung im bayerischen Staatswald darf nicht vom wirtschaftlichen Erfolg der BaySF abhängen. Denn der Klimawandel hat nicht nur ökologische, sondern auch finanzielle Folgen für die BaySF. Seit ihrer Gründung wurden über 640 Millionen Euro als Gewinnabführung an den Staatshaushalt geleistet. Dennoch zeigte sich, dass in Krisenzeiten keine ausreichende finanzielle Unterstützung seitens der Staatskasse erfolgte. Die vom BDF seit vielen Jahren geforderte Schaffung eines „Klimawaldfonds“, in dem die BaySF inzwischen Rücklagen für zukünftige Krisen aufbaut, war zwingend notwendig. Aus Sicht des BDF sind jedoch eine Aufstockung des Klimawaldfonds sowie verstärkte Investitionen ins Unternehmen notwendig, um die Handlungsfähigkeit des Staatsunternehmens auch in künftigen Krisen sicherzustellen und die vorbildliche Waldbewirtschaftung zu gewährleisten. 

Der BDF stand und seht dafür, dass Strukturen an geänderte Rahmenbedingungen angepasst werden müssen und hat in der Vergangenheit stets konstruktiv daran mitgearbeitet. Ein wesentlicher Kritikpunkt war und ist jedoch der damals durchgesetzte massive Personalabbau: Von 1993 bis 2024 wurden im öffentlichen Forstbereich 3.082 Stellen abgebaut, das entspricht über 43 % des Personals.

Besonders die Reduktion der Reviere der BaySF, also der „Förster vor Ort“, von 568 auf 370, ist auch aus heutiger Sicht des BDF deutlich zu stark ausgefallen. Zudem wurden zusätzlich seit 2005 nochmal rund 40 Prozent der Waldarbeiter eingespart. Aus dem Revier- und Forstwirteabbau resultiert eine stark reduzierte Flächenpräsenz, die eine vorbildliche Waldpflege deutlich erschwert. Ohne das riesige Engagement der Beschäftigten wären die vergangenen Katastrophen in den Wäldern Bayerns kaum zu bewältigen gewesen. Der BDF bedankt sich ausdrücklich bei den Mitarbeitenden für ihren unermüdlichen Einsatz und ihre Motivation – eine Leistung, die auf Dauer so jedoch nicht aufrechterhalten werden kann.

Der im Jahr 2021 von Forstministerin Michaela Kaniber durchgesetzte Stopp des Personalabbaus war ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Die Umsetzung der von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger angekündigten kleineren Reviere und mehr Förster auf der Fläche ist absolut dringlich!

 

Deutlich intensiviert werden muss zudem die Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren im Forstbereich, insbesondere zwischen den „Bayerischen Staatsforsten“ und der Bayerischen Forstverwaltung. Eine Wiederverbeamtung in den Bayerischen Staatsforsten – wie in vielen anderen Bundesländern erfolgt – löst gravierende Probleme bei der Personalgewinnung und -bindung.

250 Jahre Bayerische Staatsforstverwaltung

📷  Auf dem Landtagsempfang „20 Jahre BaySF“ tauschte sich Landesvorsitzender Bernd Lauterbach mit dem stellv. Ministerpräsidenten und Aufsichtsratvorsitzender der BaySF, Staatsminister Hubert Aiwanger @Robert Noerr

Auswirkungen auf den bayerischen Privat- und Körperschaftswald

Klimawandel und Strukturwandel der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer erfordern zwingend eine intensivere Unterstützung des Privat- und Körperschaftswaldes. Derzeit kommen auf 700.000 Waldbesitzer gerade einmal 335 Forstreviere und damit über 2.000 Waldbesitzer auf einen Förster. Da die Förster auch noch zahlreiche andere Aufgaben wie beispielsweise Hoheit, Förderung, Waldpädagogik, Schutzwaldsanierung, Erstellung der Vegetationsgutachten, Öffentlichkeitsarbeit, Naturschutz und Natura 2000-Management im Wald zu erfüllen haben, kann die Beratung und Unterstützung bei weitem nicht in erforderlichem Umfang erfolgen. Notwendig wäre eine Angebotsberatung, um inaktive Waldbesitzer zur Waldpflege und zum Waldumbau zu motivieren. Damit könnte der auch vom Obersten Rechnungshof (ORH) angemahnte verstärkte Waldumbau realisiert werden.

In vielen Regionen kann jedoch nicht einmal die Nachfrage nach Beratung erfüllt werden. Der Personalabbau von 3.082 Stellen seit 1993 zeigt auch hier seine dramatischen Auswirkungen. Dass überhaupt die bisherigen Erfolge erzielt werden konnten, liegt auch in der Forstverwaltung am überdurchschnittlichen Engagement und unermüdlichen Einsatz der Mitarbeitenden, wofür sich der BDF ausdrücklich bedankt.

Forderungen des BDF

Angesichts des massiven Personalabbaus sind die Forderungen des BDF mehr als moderat: So müssen in der Bayerischen Forstverwaltung nun 2025 und 2026 mindestens 50 zusätzliche Forstleute aus der beschlossenen Waldumbauoffensive (zugesagte neue Planstellen) sowie mehr Forstwirte eingestellt werden. Diese Stellen müssen zwingend vom Stellenmoratorium ausgenommen werden. Zudem ist die gemeinwohlorientierte Beratung der Waldbesitzer auszubauen.

Als große Unterstützer der Waldbesitzer sind die Forstlichen Zusammenschlüsse in ihrer Funktion als Selbsthilfeorganisationen der Waldbesitzer dauerhaft zu unterstützen und finanziell zu fördern.

250 Jahre Bayerische Staatsforstverwaltung

📷  Landesvorsitzender Bernd Lauterbach im Gespräch mit dem Leiter der Bayerischen Forstverwaltung, Ministerialdirigent Hubertus Wörner @Robert Noerr

Heute

Die Bayerischen Staatsforsten sind ein professionelles Unternehmen mit vielen innovativen Ansätzen und dem eigenen Anspruch den „besten Wald für die Menschen in Bayern“ zu schaffen. Im bundesweiten Vergleich weisen die BaySF jedoch die größten Reviere (sowohl nach Fläche als auch nach Holzeinschlag) – dadurch haben die Forstleute eine vergleichsweise geringe Flächenpräsenz.

Die Bayerische Forstverwaltung ist eine leistungsstarke und effiziente Verwaltung, die den Wald und seine Eigentümer bestmöglich unterstützt. Personell ist sie weiterhin deutlich unterbesetzt, sodass zu wenig Waldbesitzer für mehr Waldpflege und Waldumbau motiviert werden können.

Ob sich die Forstreform 2005 für den Steuerzahler finanziell ausgezahlt hat, lässt sich in der Rückschau kaum bewerten, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass Wald und Forstbranche ohne Reform die absolut identische Entwickelung genommen hätten. Fest steht, dass mögliche Gewinne aus der Staatswaldbewirtschaftung nur einen geringen Bruchteil des Wertes eines intakten und vorbildlich bewirtschafteten Waldes ausmachen können.

Ob die damals geschaffenen Strukturen die richtigen sind und Bestand haben werden, wird sich daran zeigen, ob sie im Stande sind, die aktuellen und kommenden Herausforderungen in der Waldbewirtschaftung zu meistern.
Aus Sicht des BDF kann dies nur gelingen, wenn sie sich als flexibel genug erweisen, den sich ändernden Rahmenbedingungen in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Eine intensivere Betreuung der Waldflächen in allen Waldbesitzarten ist dabei unumgänglich, kann aber nur mit höheren Personalkapazitäten erreicht werden.

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