Waldgebiet des Jahres 2024

Stadtwald Augsburg

 

Der Bund Deutscher Forstleute (BDF) hat den Augsburger Stadtwald als Waldgebiet des Jahres 2024 ausgewählt. Ausgezeichnet wird aufgrund seiner Vielfalt der Ökosystemleistungen der Stadtwald innerhalb des Stadtgebietes. Es handelt sich dabei um den ehemaligen Auwald entlang des Lechs.

 „Wir haben den Stadtwald Augsburg ausgewählt, weil es den Forstleuten vor Ort hervorragend gelingt, den verschiedensten Ansprüchen an einen Wald inmitten einer Großstadt gerecht zu werden.Dieser Wald bietet Raum für den Naturschutz, für Natura-2000-Gebiete, für Trinkwasserschutz und für die Erholung. Der Stadtwald Augsburg zeigt damit in besonderer Weise was Forstleute und Wälder für unser Ökosystem und unsere Gesellschaft tagtäglich leisten“, so BDF-Geschäftsführerin Ines von Keller. „Der auch Lechauwald genannte Stadtwald ist eine seit Jahrhunderten bewirtschaftete Kulturlandschaft, die aufgrund ihrer Naturnähe hohe ökologische Ansprüche erfüllt.“

BDF-Senioren des Bezirks Schwaben 2022

Lechauwald © Stadt Augsburg

BDF-Senioren des Bezirks Schwaben 2022

Blick über den Lechauwald auf die Stadt Augsburg   Bild © Rainer Staeding

„Der Stadtwald ist ein echter Bürgerwald. Die Forstleute und ihre vielen Partner und Unterstützer bringen den Menschen den Wald durch verschiedenste waldpädagogische Angebote, Aktionen und Veranstaltungen nahe, je näher ein Wald an die Stadt rückt, desto bedeutender werden seine Gemeinwohlleistungen für ein gutes Leben in der Stadt“, betont BDF-Bundesvorsitzender Ulrich Dohle. „Den Augsburger Forstleuten gelingt es aus unserer Sicht beispielhaft, die vielen Ansprüche zum Wohle der Stadtbevölkerung zu erfüllen.“

 

Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber freut sich über die Auszeichnung. „Dass unser Stadtwald zum Waldgebiet des Jahres 2024 gewählt wurde, zeigt, dass es in Augsburg auf hervorragende Weise gelingt Naturschutz, Trinkwasserschutz, Erholung, Bildung und forstliche Nutzung bei der Waldbewirtschaftung zu berücksichtigen.

Augsburgs Stadtwald ist ein Alleskönner und dies verdankt er all den engagierten Menschen, die sich für ihn tagtäglich einsetzen. Die städtische Forstverwaltung und ihre Partner wie die Stadtwerke Augsburg oder der Landschaftspflegeverband engagieren sich mit viel Leidenschaft und Sachverstand um unseren Augsburger Stadtwald“. Auch Finanz- und Forstreferent Roland Barth dankt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Forstverwaltung für ihre erfolgreiche Arbeit.

BDF-Senioren des Bezirks Schwaben 2022

Lechauwald  © Stadt Augsburg

Der Wald

Die Stadt Augsburg ist die zweitgrößte kommunale Waldbesitzerin in Deutschland. Wälder, artenreiche Wiesen, Heiden, Bäche und Flüsse prägen das Landschaftsbild dieses einzigartigen Naturraums mitten in einer Großstadt.

Der jetzt ausgezeichnete Lechauwald umfasst gut 22 von insgesamt 77 Quadratkilometern bewirtschafteter Waldfläche. Er liegt innerhalb des Stadtgebietes und erfüllt höchste Ansprüche an die Gemeinwohlfunktionen.

Die Fläche des Stadtwaldes Augsburg befindet sich nahezu vollständig in öffentlicher Hand oder wird von dieser bewirtschaftet. Kommunalwald, Staatswald, und Bundeswald hier treffen alle Arten des öffentlichen Waldbesitzes aufeinander. Der größte Teil der Waldfläche, rund 1.600 ha ist im Besitz der Stadt Augsburg und wird in die Reviere Siebenbrunn und Haunstetten unterteilt. 27 % der Fläche, rund 550 ha, sind im Besitz der Stadtwerke Augsburg Wasser GmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Stadt. Deren Waldflächen werden ebenfalls von der Stadtforstverwaltung bewirtschaftet. Entlang des Lechs liegen 13% der Flächen im Bereich der Wasserwirtschaftsverwaltung des Freistaates Bayern. Den kleinsten Teil des Stadtwalds bilden 90 ha Bundesforst (3% der Fläche).

Naturschutz

Der rund 2.200 ha große Lechauwald Augsburg gehört zu den ältesten und größten Naturschutzgebieten in Bayern. Er ist Lebensraum für mehr als 3.000 zum Teil sehr seltene Tier- und Pflanzenarten.Das Naturschutzgebiet (in Bayern das drittgrößte außeralpine Naturschutzgebiet) ist ein wichtiger Trittstein in der sogenannten „Biotopbrücke Lechtal“ zwischen Alpen und Alb. Es beherbergt zudem einige sehr selten gewordene Lebensraumtypen. Die besondere Verantwortung für Arten und Lebensräume von europäischem Rang spiegelt sich auch im Status als Natura 2000 Gebiet wieder.Für den Stadtwald Augsburg hervorzuheben ist, neben den besonderen Lebensraumtypen und den aktuellen Großnaturschutzprojekten, zudem sein hoher Totholzanteil. Dieser liegt bei durchschnittlich 26,2 fm/ha. 10 % der Gesamtmasse sind in Totholz gebunden. In der täglichen Bewirtschaftung und im Rahmen von Artausgleichsmaßnahmen wird der Totholzanteil über ein spezielles Totholzmanagementprogramm weiter gefördert.
BDF-Senioren des Bezirks Schwaben 2022

Pilze auf Totholz  Bild © Eva Ritter

BDF-Senioren des Bezirks Schwaben 2022

Foto auf Lechauwald und die Stadt  © Stadt Augsburg

Kulturlandschaft – Mittelwaldwirtschaft

Der Stadtwald ist überregional gesehen eine der bedeutendsten Kulturlandschaften. Bereits in der Römerzeit und spätestens seit dem frühen Mittelalter diente der Wald der Holzgewinnung und als Weideland. Die dadurch entstandenen naturschutzfachlich hochwertigen Kulturlandschaften wie die lichten Kiefernwälder oder die Nieder- und Mittelwaldwirtschaft werden von der städtischen Forstverwaltung erhalten und gepflegt.Ein besonderer Waldlebensraumtyp sind die Grauerlenwälder der präalpinen ehemaligen Wildflusslandschaften. Diese Wälder wurden in der Vergangenheit als Weidewälder für Schafe, Ziegen und Rinder oder zur Herdenwanderung zwischen Sommer- und Winterweiden entlang des Lechtals und als Brennholzlieferant in Form von Niederwald genutzt. Nach der Nutzungsaufgabe im letzten Jahrhundert galt dieser Lebensraumtyp als gefährdet. Durch eine Reaktivierung der Nieder- und Mittelwaldbewirtschaftung, u.a. im Rahmen des Vertragsnaturschutzprogrammes Wald konnte diese seltene Waldgesellschaft wieder gesichert und entwickelt werden.

Lichte Kiefernwälder und Beweidungsprojekte

Bemerkenswert sind darüber hinaus die Schneeheide-Kiefernwälder bzw. Carbonat Kiefernwälder auf den Lechbrennen. 80% der verbliebenen lichten Kiefernwälder entlang des Lechs liegen im Stadtwald Augsburg. Da typische Störungen wie Überflutungen des Lechs mittlerweile fehlen und es zusätzlich hohe Stickstoffeinträge aus der Luft gibt, werden die Kiefernwälder und ihre besondere Artzusammensetzung zusehends von Sträucher und Laubbäumen verdrängt. Um die einzigartige Kulturlandschaft zu erhalten, werden die ursprünglichen Kiefernwälder durch Mahd und Beweidung offengehalten. Im Südwesten des Naturschutzgebiets Stadtwald Augsburg bewahren Przewalski-Pferde, Rinder und Schafe durch ihr Weideverhalten die lichten Waldstrukturen und Heiden und erhalten auf diese Weise die Artenvielfalt dieser besonderen Lebensräume.

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Lichte Kiefernwälder auf der Lechterasse  © Eva Ritter

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Bäche im Stadtwald Augsburg  © Eva Ritter

Stadtwaldbäche – Wald & Wasser

Der Stadtwald Augsburg ist auf ganzer Fläche Trinkwasserschutzgebiet. Eines der reinsten Trinkwasser Europas wird für die Augsburgerinnen und Augsburger oberflächennah direkt aus dem Stadtwald gewonnen. Maßgeblich geprägt ist das Gebiet zudem durch rund 70 km Bäche und angrenzende Gewässer- und Auenlebensräumen.

Diesen widmet sich im Moment ein LIFE Projekt. LIFE Stadt-Wald-Bäche ist ein von der EU, dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und dem Bayerischen Naturschutzfonds gefördertes Naturschutzprojekt das zum Ziel hat, die ehemalige Lechaue im Augsburger Stadtwald ökologisch zu verbessern und die unterschiedlichen Arten und Lebensräume des Natura 2000-Netzes langfristig zu sichern und zu optimieren. Zu den geplanten Maßnahmen zählen wasserbauliche Maßnahmen zur Herstellung der ökologischen Fließgewässerdurchgängigkeit, Dynamisierung der Stadtwaldbäche und deren Wiederanbindung an den Lech, die Optimierung verschiedener Schutzgüter insbesondere durch Renaturierungs- und Strukturverbesserungsmaßnahmen sowie eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich Natura 2000, um die bestehenden Konflikte zwischen verschiedenen Interessensgruppen zu entflechten und gleichzeitig für die Erhaltung und Optimierung der herausragenden Lebensräume mit ihrem charakteristischen Arteninventar in einer Großstadt zu werben.

Vielfalt der Ökosystemleistungen

Der Stadtwald Augsburg ist ein hervorragendes Beispiel für die Vielfalt der Ökosystemleistungen von Wäldern. Hier treffen verschiedenste Waldfunktionen und Ansprüche an den Wald zusammen, die von Försterinnen und Förstern zu beachten sind. Der Augsburger Lechauwald ist damit im besten Sinne multifunktional.

Der Stadtwald ist für die Bevölkerung ein wichtiges Freizeit- und Naherholungsgebiet. Das zeigt sich in dem ausgedehnten Wegenetz von rund 170 km Länge und der hohen Zahl von drei bis vier Millionen Waldbesuchern pro Jahr.

Die Forstleute im Stadtwald Augsburg berücksichtigen in ihrer täglichen Arbeit bis zu dreizehn unterschiedliche Ökosystemleistungen in der Waldfläche. Dies ergab ein Forschungsprojekt der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF).

www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/klima-und-umwelt/oekosystemdienstleistungen-ein-mehrwert-fuer-die-forstwirtschaft

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Forstmuseum Waldpavillon  Bild © Stadt Augsburg

Wer betreut den Augsburger Stadtwald?

Der Stadtwald Augsburg gliedert sich in fünf Forstreviere außerhalb des Stadtgebietes und in zwei Reviere innerhalb der Stadt. Rund fünfzig Fachleute engagieren sich für den Stadtwald Augsburg: 22 Forstwirte, sieben Auszubildende, zwei Forstwirtschaftsmeister, sieben Revierleiter und ein übergreifendes Team für Waldpädagogik, Verwaltung und Leitungsdienst.

Die fünfzig Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der städtischen Forstverwaltung kümmern sich mit viel Leidenschaft und Sachverstand um Augsburgs Wälder.

Wie geht es dem Stadtwald?

Der Klimawandel ist für die Forstleute im Stadtwald Augsburg bereits heute Alltag und deutlich spürbar. Grundsätzlich gilt, dass die Bäume durch Trockenheit und Hitze geschwächt sind.

Die Fichten werden von den bekannten Borkenkäfern Buchdrucker und Kupferstecher befallen. Die Kiefern leiden nach einem starken Hagelereignis im August 2023 unter Pilzbefall durch das sogenannte Diplodia-Triebsterbens. Ein großes Thema ist das Eschentriebsterben. Das „Falsche Weißes Stengelbecherchen“, ein Pilz, befällt junge bis alte Eschen auf jedem Standort. Die Krankheit schwächt die Eschen und bringt sie mit Sekundärschädlingen, wie Wurzelfäulen oder Eschenbastkäfer, zum Absterben. Die vergangenen Trockenjahre schwächen die Eschen zusätzlich und beschleunigen den Krankheitsverlauf.

Um den Wald fit für den Klimawandel zu machen, arbeiten die Forstleute des Stadtwaldes Augsburgs seit Jahrzehnten daran, die Wälder vielfältiger und strukturreicher zu machen.

Ziel sind Wälder mit vielen Baumarten, die innig gemischt, in den Höhen differenziert sind und aus Baumarten bestehen, von denen anzunehmen ist, dass sie mit dem Klimawandel zurechtkommen.

BDF-Senioren des Bezirks Schwaben 2022

Fichtensturmwurf im Stadtwald © Jürgen Kirchner

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 © Stadt Augsburg

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Waldgebiet des Jahres 2024 Bild © BDF – Stadt Augsburg

Veranstaltungen zum Waldgebiet des Jahres 2024

Die öffentliche Übergabefeier der Auszeichnung findet voraussichtlich am 20. März 2024 im Goldenen Saal im Rathaus der Stadt Augsburg statt.Darüber hinaus wird derzeit ein großes Veranstaltungsprogramm für 2024 erarbeitet.Geplant sind verschiedenste Angebote für Interessierte, z.B. eine Vortragsreihe über den Stadtwald und all seine Facetten, Waldspaziergänge mit dem Förster, Radtouren zu den Stadtwaldbächen, Baumkontrolle mit einem Baumsachverständigen, die städtischen Meisterschaften im Weihnachtsbaumweitwerfen, eine Waldsäuberungsaktion sowie mehrere Führungen für Naturschutz-Interessierte zu Reptilien, seltenen Orchideen und den lichten Kieferwäldern.Angebote im Ferienprogramm für Augsburgs Schüler und Schülerinnen, ein theatraler Waldspaziergang mit dem Jungen Theater Augsburg für die ganze Familie und mehrere Termine zum angeleiteten Waldbaden im Augsburger Stadtwald runden das Programm ab.Mehr Informationen unter www.waldgebiet-des-jahres.de und unter www.augsburg.de/stadtwald

Seit wann gibt es Waldgebiete des Jahres?

Waldgebiet des Jahres gibt es seit 2012, die ausgezeichneten Waldgebiete der letzten Jahre waren 2023 der Choriner Wald in Brandenburg, 2022 die Erdmannwälder in Niedersachsen, 2020/21 die Ivenacker Eichen in Mecklenburg, 2019 die Urbanen Wälder Rhein-Ruhr und 2018 der Wermsdorfer Wald bei Leipzig

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Die letzten Waldgebiete des Jahres   Bild © BDF-Bund