BDF-Bezirksversammlung Oberbayern 2023
Waldbewirtschaftung und Holznutzung –
Wo stehen wir am Ende des Jahrzehnts?
Bezirksverband Oberbayern mit engagierter Diskussion
– Wo stehen wir am Ende des Jahrzehnts?“ lautete das Motto der diesjährigen Bezirksversammlung Oberbayern in Großhartpenning. Im öffentlichen Teil, zu dem die im Amt bestätigten Bezirksvorsitzenden Lisa Pausch und Siegfried Waas zum einen Prof. Peter Annighöfer, Professur für Wald- und Agroforstsysteme der TU München und zum anderen Sebastian Henghuber, Leiter des Fachverband Holzenergie Bayern, Peter Aicher, Präsident des Landesinnungsverband des Bayerischen Zimmererhandwerks sowie Dr. Ralf Straußberger, Waldreferent des BUND Naturschutz in Bayern, eingeladen hatten, entwickelte sich eine kontroverse, aber immer konstruktive Diskussion.

Bezirksversammlung Oberbayern 2023 Bild ©Pröbstle

Der BN Waldreferent will, dass 95% der Waldfläche weiter bewirtschaftet wird Bild ©Pröbstle
BN-Bekenntnis zur Forstwirtschaft
„Der Bund Naturschutz Bayern will auf 95 % der Waldfläche eine naturnahe Forstwirtschaft sowie auf ganzer Fläche waldangepasste Wildbestände“ hebt Waldreferent Dr. Ralf Straußberger bei seinem Impulsvortrag hervor und erntet dafür großen Beifall. Auch eine „gemeinwohlorientierte Honorierung“ und eine „Konstanz der Beratung“ im Privatwald sowie mehr Personal im Staatswald wie der Forstverwaltung ruft erwartungsgemäß große Zustimmung hervor. Dass ein Naturschutzverband solche Forderungen erhebt, ist alles andere als selbstverständlich.
Vorratsaufbau möglich?
Der BN-Forderung, die Senkenleistung der Wälder durch eine Vorratsaufbau zu steigern, stößt jedoch auf heftigen Widerspruch im Publikum. Gerade die Kalamitäten der letzten Jahre hätten gezeigt, dass dies ein Wunschdenken und in der Realität nicht zu erreichen sei. Im Gegenteil brauche es einen Vorratsabbau zur Stabilisierung der Wälder und Einleitung einer flächigen Vorausverjüngung. Ralf Straußberger betonte daher, dass ein Vorratsaufbau nur in den naturnahen Wäldern gefordert werde.
Noch kontroverser das Thema „Holzenergie“. Nach den Ausführungen von Straußberger übersteige der CO2-Ausstoß mit 60 Millionen Tonnen CO2 die Gesamtsenkenleistung von 40 – 60 Millionen Tonnen CO2 und müsse daher reduziert werden.

Erntete auch Widerspruch: Der Waldreferent des BN Bild ©Nörr

Sebastian Henghuber belegte seine Thesen und Forderungen mit klaren Zahlen Bild ©Pröbstle
Holzenergie mit 2,2-facher CO2-Senkenleistung
Sebastian Henghuber zeigte sich von dieser vereinfachten Sichtweise sichtlich verärgert und fragte, ob das Holz im Wald besser liegen gelassen und dafür mit Öl und Gas geheizt werden solle. Nach seinen Zahlen liege der CO2-Ausstoß der Holzenergie bei nur 36 Mio t. Dem gegenüber stehe eine Waldsenkenleistung von 44 Mio t sowie die Substitution fossiler Energien in Höhe von von 34,5 Mio t
Die Senkenleistung übersteige die Emission daher um das 2,2 fache. Zudem müsse man bei der Verrottung (kalte Verbrennung) die CO2-Emissionen folgerichtig ebenfalls bilanzieren. Straußberger und Henghuber versprachen, den unterschiedlichen Zahlen gemeinsam auf den Grund zu gehen.
Im Wärmebereich werde laut Henghuber nur 15 % der Energieregenerativ erzeugt. Es gehe darum, von 85 % fossiler Wärmeerzeugung wegzukommen. Wer die Holzenergie verringern wolle, spreche sich automatisch für mehr Öl und Gas aus, da die Zunahme von regenerativer Wärme weiterhin sehr langsam erfolge.
Bayerische Bauordnung pro Holzbau verändern
Als „oberster Zimmerer“ zeigte sich Peter Aicher sehr zufrieden, dass sich der Holzbau seit 2005 mehr als verdreifacht habe und seine Innungsbetriebe weiterhin mehr als ausgelastet seien. Von dem großen Einbruch an Neubauten sei der Holzbau wenig betroffen. Zudem nimmt das Bauen im Bestand mit Holz deutlich zu. Er forderte, dass die Musterholzbaurichtlinie in Berlin umgesetzt werden müsse und in Bayern die Bayerische Bauordnung so modifiziert werden müssen, dass der Holzbau nicht unnötig verteuert werde. Viele andere Bundesländer hätten dies abgestellt und wiesen eine höhere Holzbauquote auf. Als Zimmerer sehe er schon einen Vorrang für eine stoffliche Verwertung. Holz solle und dürfe aber weiterhin auch verbrannt werden.

Zimmererpräsident Peter Aicher verlangte rechtliche Veränderungen zugunsten des Holzbaus Bild © Pröbstle

Prof Dr. Peter Annighöfer von der TUM Bild © Pröbstle
Aktive Klimaanpassung unverzichtbar
Für Prof. Peter Annighöfer haben wir beim Klimawandel bereits den „menschlichen Erfahrungshorizont“ verlassen. Er hält daher aktive Klimaanpassung für unverzichtbar. Die Komplexität des Waldbaus nehme zu, er müsse „adaptibler und flexibler“ werden. Nur mit Offenheit und Pragmatismus könne man örtlich angepasste Lösungen finden, die „eine“ Lösung gebe es nicht. Wesentlich Elemente der Waldpflege seinen eine vorzeitige Naturverjüngung und Voranbau, frühzeitige Läuterungen und Durchforstungen, gestaffelte Durchforstungen, verkürzte Umtriebszeiten, eine Förderung der Baumartenvielfalt, der Mehrschichtigkeit, mehr junge Bäume, mehr Totholz, das Einbeziehen von Pionierbaumarten sowie die Minimierung von zusätzlichem biotischem Stress wie Wildverbiss.
Podiumsdiskussion
Alle 4 Referenten stellten sich abschließend auf dem Podium einer intensiven und lebhaften Diskussion. Bemerkenswert waren die zahlreichen und fundierten Fragen aus dem Publikum.

Engagierte Diskussion auf dem Podium und mit den Teilnehmern (v.l.): Sebastian Henghuber, Dr. Ralf Straußberger, Prof. Peter Annighöfer, Peter Aicher, Bernd Lauterbach Bild © Nörr
Bezirksvorstand wiedergewählt
Im internen Teil wurden die bisherigen Bezirksvorsitzenden Lisa Pausch und Siegfried Waas ebenso einstimmig wiedergewählt wie Jugendvertreter Kilian Spicher und Seniorenvertreter Wolfgang Matschke. Neu gewählt als zweiter Jugendvertreter wurde Korbinian Holzäpfel. Zuvor hatten die Bezirksvorsitzenden über die sehr vielfältigen Aktivitäten des Bezirks Oberbayern berichtet. Angefangen vonm Neuzuschnitt und der stärkeren Aktivierung der Kreisverbände über die Etablierung der Hochschulgruppen, der jährlichen Bezirksversammlungen bis zur Öffentlichkeitsarbeit mit Zeitung, Fernsehen und einem Buchbeitrag [Vom Glück der Ressource; ein lesenswertes Buch; Anm. d. Red.]

(v.l.): Alter und neuer Bezirksvorsitzender Siegfried Waas, stellv. Landesvorsitzender Klaus Schreeiber, Angestelltenvertreter Hannes Deininger, Landesvorsitzender Bernd Lauterbach, alte und neue Bezirksvorsitzende Lisa Pausch Bild © Nörr

Der LAndesvorsitzende Bernd Lauterbach berichtet über die Aktivitäten des BDF Bild © Nörr
BDF erfolgreich
Landesvorsitzender Bernd Lauterbach erläuterte die besorgniserregenden Pläne der EU (u.a. Green Deal, Waldstrategie, RED III, Wiederherstellungs-Verordnung; siehe BDF aktuell 07/08_2023) sowie der Bundesregierung (u.a. Neufassung Bundeswaldgesetz, Gebäudeenergiegesetz). Auf Landesebene konnten in Zusammenarbeit mit vielen Partnern große Erfolge erzielt werden (u.a. 30 echte neue Stellen in der Forstverwaltung, kein Personalabbau in den Bayerischen Staatsforsten, Wegeentschädigung 40 Cent/km). Die vielfältigen politischen Gespräche auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene des BDF haben sicherlich zu den bisherigen Erfolgen beigetragen.
Der stellvertretende Landesvorsitzende Klaus Schreiber sprach u.a. über die Waldumbauoffensive 2030, die Notwendigkeit eines verstärkten Voranbaus auch im Privatwald, der Vorstoß des BDF zur Erhöhung der Anwärterstellen auf 100 sowie das noch in diesem Jahr in Aussicht gestellte Gespräch mit dem Ministerium, um die Handlungsempfehlungen zur Verkehrssicherung in der Bayerischen Forstverwaltung zu überarbeiten
Revierdienst E 11
Laut Angestelltenvertreter Hannes Deininger sind in den BaySF inzwischen auch im Revierdienst die Angestellten in der Mehrheit. Damit werde der TVL immer wichtiger. Die letzten beiden Verhandlungsrunden hätten nicht einmal die Inflation ausgeglichen. Umso wichtiger sei es, im kommenden Tarifkampf Präsenz zu zeigen. Auch die Beamten profitierten davon, da die Tarifergebnisse i.d.R. übernommen wurden. Eine vom BDF erfolgreiche Klage zur Eingruppierung der Revierleiter in E 11 führt auch in der Forstverwaltung wie auch in der BaySF zu Handlungsbedarf. Genaue Regelungen werden wohl in Kürze veröffentlicht

BDF-Angestelltenvertreter Hannes Deininger © Nörr

Landesvorsitzender Bernd Lauterbach, Bezirksvorsitzende Lisa Pausch mit den stellvertretend Geehrten: für 25-jährige Mitgliedschaft Michael Huber, für 40jährige Mitgliedschaft: Franz Knierer Bild © Nörr
Jugend- und Seniorenarbeit
Seniorenvertreter Manfred Maier warb erneut für den Erfahrungsaustausch zwischen Senior-Experten und jungen Försterinnen und Förstern. Gute Informationen biete hier der Internetauftritt (www.bdf-bayern.de). Um den Zusammenhalt der Senioren zu fördern, organisiere die Seniorenvertretung zwei Fachexkursionen im Jahr.
Landesjugendleiterin Magdalena Bergmann und Kilian Spicher erläuterten ihr umfangreiches Engagement, um den forstlichen Nachwuchs zu unterstützen und für dort für den BDF zu werben. Prüfungssimulationen, Exkursionen, Berufsinfoabende und eine Reaktivierung der Studentengruppen stehen auf dem Programm.
Zum Schluss informierte Roland Mally vom BDF-Sozialwerk über die Angebote des BDF-eigenen Versicherers für die Mitglieder.

Roland Mally vom BDF-Sozialwerk Bild © Nörr
Robert Nörr,
Landesredakteur